
Tausend und mehr Schritte sind getan! ©Tremel
Von der Tatra bis zur Donau – Babsi´s 345km quer durch die Slowakei!
Am 20. und 21. August hatte ich meinen ersten „internationalen“ Laufwettkampf. Von einem Freund neugierig gemacht, entschied ich mich, beim bekanntesten Staffellauf der Slowakei – Od Tatier k Dunaju („Von der Tatra bis zur Donau“) mitzumachen. Dieser Lauf umfasst ganze 345km, für die man rund 36 Stunden Zeit hat, um zu finishen. Damit das leichter geht, tritt man mit einer 12-köpfigen Staffel an (unser Teamname: „Don’t sleep…RUN! Der Name war Programm). Insgesamt gibt es 36 Streckenabschnitte, deren Länge und Höhenmeter recht stark variieren und somit an das Laufkönnen angepasst werden. Jeder Läufer muss drei Abschnitte in einer fix vorgegebenen Reihenfolge bewältigen . . . gelaufen wird nonstop. Ist man gerade nicht am laufen, hockt man im Auto und wird zur nächsten Strecke weitertransportiert. Der Wettkampf ist also nicht nur sportlich, sondern auch organisatorisch eine echte Herausforderung, da jede Staffel komplett eigenständig agieren muss, sowohl was Verpflegung, als auch Transport (und etwaige Übernachtung) betrifft.
Der Start erfolgte am 20. August um 9:10 Uhr. Ich hatte gleich die Ehre, als Startläuferin anzutreten – auf mich warteten 9,8 Kilometer mit 150 Höhenmetern bergauf und 450 Höhenmetern bergab. Schon beim Start in Jasná sah ich, dass „OTKD“ mehr als ein bloßer Lauf ist – es gleicht eher einem Festival. Die Mannschaften haben eigene Teamdressen, eigene Teamlogos, angemalte Autos und Campingbusse. Die Stimmung ist ein Wahnsinn (auch wenn ich kein Wort verstehe ;-) ). Da 201 Staffeln am Start sind, ergibt das hochgerechnet eine Anzahl von über 2400 Personen. Um kein Verkehrschaos zu verursachen, wird deshalb versetzt gestartet. Als eine der geschätzt langsameren Staffeln hatten wir somit das Glück, gleich am Vormittag unsere 345km in Angriff nehmen zu können. Also los geht’s!
Meine größte Befürchtung – den Weg zu verlieren in einem Land, dessen Sprache ich nicht verstehe – erwies sich gleich zu Beginn als unbegründet. Die Strecke war super markiert und an kniffligen Passagen gab es Streckenposten. Verlaufen war somit (fast) unmöglich. Die 9,8 Kilometer vergingen wie im Flug und nach nicht mal 51 Minuten war ich schon wieder im Ziel und übergab unser „Staffelholz“ (ein Band, das man über den Arm schnalzen kann) dem nächsten Läufer. Ab dann hieß es: Ins Auto steigen, den nächsten Läufer abholen, weiterfahren. Waren alle Läufer aus einem Auto durch, hatte man ein paar Stunden Zeit zur Regeneration. Da alle Teams dasselbe Prinzip verfolgten, glich das Ganze ein bisschen einem Wanderzirkus: An größeren Parkplätzen wurden kurzzeitige Lager aufgeschlagen, man legte sich in die Wiese und versuchte ein, zwei Stunden Schlaf zu finden. Dann ging es weiter.
Der zweite Abschnitt, den ich laufen musste, begann um kurz nach halb acht am Abend. Ab dieser Zeit war es verpflichtend, mit einer Warnweste, Stirnlampe und roten Rückstrahlern zu laufen. Da viele Streckenabschnitte direkt auf der Straße sind, war dies eine absolut notwendige Sicherheitsmaßnahme. Diesmal galt es 11 Kilometer zu bewältigen. Vom Adrenalin, der Dämmerung und der schönen Strecke berauscht, verging auch dieser Abschnitt sehr schnell – im Nachhinein sah ich auf den Ergebnislisten, dass ich in der Gesamtwertung auf dieser Strecke den 19. Platz erzielte.
Den Rest der Nacht verbrachten wir in einem Ferienhaus, das einem Bekannten unseres Teamkapitäns gehörte. „Rest der Nacht“ bedeutete die Zeit von 0:00 bis 3:30 – also gute drei Stunden im Schlafsack auf dem Boden, in unserem Fall neben dem am schlimmsten schnarchenden Hund, den ich je gehört habe ;-)
Dann also Tagwache um 3:30; mein letzter Abschnitt mit 8,7 Kilometern wartete auf mich. Nach einer ca. einstündigen Anreise und kurzem Aufwärmen (eher Wachwerden) ging es kurz nach fünf Uhr wieder los. Anders als auf den vorigen beiden Strecken ging es diesmal etwas schwieriger. Müdigkeit und allgemeine Erschöpfung wurden von einer zachen, geraden Straße ergänzt, die kein Ende zu nehmen schien. Aber irgendwann, nach langen 48:39 Minuten, war auch diese frühmorgendliche Tour beendet. Als erste Läuferin unserer Staffel hatte ich nun das Privileg, den anderen elf beim Schwitzen zuzusehen.
Um 14:45 war es schließlich so weit. Unser Team war versammelt in Bratislava angekommen und begleitete unsere letzte Läuferin ins Ziel. Die 345 Kilometer waren geschafft! Mit einem Abschlussfoto und einer richtig schweren Medaille wurden wir im Finish begrüßt. Das eher ungemütliche Wetter und die allgemeine Müdigkeit trübten die Freude zwar nicht, aber als ich dann endlich ins Auto in Richtung Bruck stieg, war das Verlangen nach Dusche und Bett schon recht groß.
Mit einer Gesamtzeit von 29 Stunden und 35 Minuten war „Don’t sleep . . . RUN!“ das 66. Team in der Gesamtwertung – auch wenn für uns alle das Ergebnis eher irrelevant war, kann sich das doch sehen lassen. Einen wesentlichen Teil zu unserem Erfolg trug sicher mein Laufkollege Philipp bei, der uns auf allen Streckenabschnitten, über die er antrat, einen ersten Platz bescherte! Neben dieser absolut genialen Leistung konnte aber auch jeder andere der acht Männer und vier Frauen stolz auf die Leistung sein, die innerhalb dieser kurzen Zeit erbracht wurde.
Mein Fazit: Auch wenn ich in weniger als 24 Stunden insgesamt 29,5 Kilometer zu bewältigen hatte, war es körperlich gar nicht so schlimm. Einen Halbmarathon finde ich persönlich ärger, weil die Intensität viel höher ist. Das ewige Im-Auto-Hocken ist weitaus schlimmer, weil man sich nicht ausstrecken kann und der Biorhythmus als Ganzes irgendwie doch recht stark beansprucht wird. Ich mich also immer gefreut, wenn ich dann nach langer Wartezeit wieder losstarten konnte.
Ein großes Dankeschön an unser gesamtes Team und an die Organisation, die sowohl teamintern als auch vom Veranstalter viel Zeit und Kraft erforderte!
OTKD war bisher sicher das Extremste, was ich je gemacht habe – aber es war wirklich toll!!
Anm. d. Red.: Herzliche Gratulation an das Team - klingt wirklich nach Abenteuer!
Die Ergebnisse gibt es hier!
by Babsi Tremel, 22. August 2016